Ich begrüße Sie noch mal ganz herzlich zu der heutigen Vorlesung. Wir standen beim letzten
Mal bei der Rechtswidrigkeit, waren ganz durch. Wir hatten uns noch einen Rechtfertigungsgrund
angesehen, der sehr seltsam ist. Eine hypothetische Einwilligung, also die normale Einwilligung, die
war den Strafrechtler schon immer bekannt. Dann auch die mutmaßliche Einwilligung, die ist auch
schon seit langer Zeit bekannt, wo wir Ex-ante überlegen, was würde der jetzt wohl in der
Situation wollen, der Betroffene. Und dann kam so ab 2004 im Strafrecht ein Institut hypothetische
Einwilligung. Da überlegen wir nicht mehr Ex-ante, was würde der wollen, sondern wir überlegen uns
Ex-Post, was hätte er wohl gesagt, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, was er
in diesen Fällen nicht worden ist. Sie sehen hier in den Materialien sogar noch einen zweiten
Beispielsfall. Ich hatte Ihnen beim letzten Mal einen Beispielsfall gebracht, wo jemand in der
falschen Etage operiert hat, einen Bandscheibenvorfall und also das zum zweiten Mal operiert hat, um dann
den richtigen Bandscheibenvorfall zu beseitigen, unter fadenscheinigen Gründen hätte sich was
entzündet und was weiß ich alles, was er da gesagt hat. Da fragt halt der BGH, hätte der Patient,
denn wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, hypothetisch auch eingewilligt. Das ist eine
Ex-Post Betrachtung. Wir blicken zurück, was hätte er wohl gemacht damals und da sagt der BGH,
da müsste man einfach fragen, was er dann gemacht hätte. Dann sagt er uns schon im Prozess,
ich hätte das machen lassen, auch von diesem Arzt nochmal oder er sagt, ich hätte es nicht
machen lassen. Je nachdem, ob der Arzt Glück hat, haben wir dann eine hypothetische Einwilligung,
die einen Rechtfertigungsgrund abgibt oder nicht. Es gibt auch einen anderen Fall, der ist übrigens
in Bayreuth passiert, das mit der Darmspiegelung. Da hat er eine Darmspiegelung bei dem Patienten
vorgenommen und nachdem diese Darmspiegelung, das war ein sehr betagter Patient, also schon 90
Jahre etwa, nachdem diese Darmspiegelung nichts ergeben hatte, hat er sich überlegt, ach jetzt
mache ich auch noch eine Magenspiegelung. Also jetzt nicht mehr unten rein, sondern oben rein,
könnte man sagen hier, machen wir doch einfach noch eine Magenspiegelung hinterher. Problem
natürlich, er konnte den nicht mehr aufklären, denn der war ja betäubt, der war so ein bisschen
in Delirium, könnte man fast sagen. Und dann hat er zudem gesagt, also wir machen jetzt auch noch
eine Magenspiegelung, der nur so, also so stelle ich mir das vor zumindest. Also es war nichts,
was man wirklich so hätte brauchen können als Antwort. Das war dem Arzt auch bewusst, dass der
also da nicht mehr in der Lage ist, was vernünftiges von sich zu gehen. Das hat er später auch im
Prozess zugegeben, dass der also nicht davon ausgegangen ist, dass das jetzt eine wirksame
Einwilligung werden könnte. Aber er wollte ihn halt nicht nochmal reinkommen lassen, man kennt das ja
Bayreuth, Bayreuth, ich habe ja mal in Bayreuth auch gelehrt. Gelehrt ist ein gutes Wort, denn das ist
sehr leer da, also da gibt es nicht viel. In Bayreuth, da würde ich sagen, werden die Bürgersteige
nicht um 10 Uhr nachts, sondern eher so um 8 Uhr abends schon hochgeklappt und da hatte der Arzt
die Meinung, dass der vom Land noch mal anfahren muss, der 90-Jährige, das erspare ich ihm,
da mache ich gleich die Magenspiegelung. Problem ist nur, der konnte auch nicht mir richtig mithelfen,
als dieser Schlauch da eingeführt wurde und hat halt stopft, wie bei so einer Gans könnte man sagen,
und ist nicht reingekommen und er hat dann die Luftröhre perforiert und dadurch kam es zu einer
Einblutung in die Lunge und jetzt war natürlich, der ist dann gestorben, also das ist sowieso
hochgefährlich. Wenn die Luftröhre perforiert wird bei so einer Magenspiegelung, normalerweise
passiert das aber nicht, wenn es aber mal passiert, dann ist es hochgefährlich, dann sterben da dann
sehr, sehr viele. Also das ist wirklich extrem gefährlich, da können Sie eigentlich ein
Testament schon mal machen, zur Sicherheit. Und bei dem war es auch so, da hat man dann 14 Tage,
glaube ich, noch gekämpft um sein Leben, aber das war dann nicht mehr zu retten und der Patient war
tot. Jetzt war das natürlich auch keine Aufklärung, die da stattgefunden hat. Jetzt sagt der BGH,
Retrospektiv, er überlegt wieder, also zunächst mal eine richtige Einwilligung funktioniert nicht.
Mutmaßliche Einwilligung funktioniert ja auch nicht, denn Sie hätten ihn ja aufwachen lassen können,
dann fragen und dann hätte man es nochmal machen können. Also wenn er in einem Zustand ist, wo er
einwilligen kann, die mutmaßliche Einwilligung kann immer nur subsidiär sein, die passt also hier
auch nicht. Und jetzt überlegt der BGH, vielleicht kann ich dem Arzt noch helfen mit einer hypothetischen
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
02:09:35 Min
Aufnahmedatum
2021-01-25
Hochgeladen am
2021-01-26 00:38:44
Sprache
de-DE